Egal ob Schuhe, Jacke, Taschen, Sofas, oder die Innenausstattung von Autos – Leder ist überall ein präsentes und gefragtes Material. Jährlich werden circa 1,8 Milliarden Quadratmeter Leder aus den Häuten von Tieren hergestellt. Was viele Konsumenten aber nicht wissen, Leder ist ein sehr umstrittenes Material. Im folgenden Artikel gehen wir auf die Problematik in und um die Lederindustrie ein.
HERSTELLUNGSPROZESS VON LEDER
Bevor wir auf die Problematiken der Lederherstellung eingehen, schauen wir uns erst einmal an wie Leder überhaupt genau herstellt wird.
Der Herstellungsprozess, am Beispiel von Rindsleder, ist wie folgt.
- Gewinnung Rohstoff: Häutung der Tiere, Schlachthof als Lieferant
- Lagern: Qualitätskontrolle und Vorsortierung, Schonende Lagerung in Kühlräumen (bspw. Konservierung durch Kochsalz)
- Weichen: Befreien von Schmutz und Kochsalz, Erreichen der ursprünglichen
Weichheit - Entfleischen: Restliches Fleischgewebe wird von der Haut durch Messerwalzen getrennt
- Äschern: Enthaarung durch Kalk und Schwefelverbindungen, Resultat : Blöße
- Beizen: Vorbereitung zum Gerben, Enzyme in Haut eingelassen um diese weicher zu machen
- Gerben: Blöße wird durch Biozide und organische Lösungsmittel zu Leder
- Abwelken: Leder wird entwässert
- Spalten und Falzen: Für gleichmäßige Dicke, Unebenheiten werden ausgeglichen oder behoben
- Nachzurichtung: Neutralisieren, Füllen, Färben, Fetten, Ausrecken
- Trocknen: Im Vakuum, Oder in Trockenöfen
- Zurichtung: Stollen, Oberflächenbehandlung zu Art des Leders: Nubuk, Velours etc.
UMWELTBELASTUNG DURCH GERBEN
Die Herstellung von Leder ist ein langwieriger und aufwändiger Prozess und die Gerbung einer der ältesten kulturellen Erfindungen. Das Gerben (Schritt 7 im obigen Prozess), ist einer der wichtigsten Prozesse der Lederherstellung und stellt zugleich auch den umstrittensten dar.
Das Chromgerbungsverfahren wird bei über 85 % des verwendeten Leders eingesetzt. Es bietet dem Hersteller viele Vorteile gegenüber anderen Gerbungsarten, ist allerdings auch sehr umweltbelastend.
Die Gerbung dauert nur einige Stunden, das daraus resultierende Leder ist sehr reißfest und leicht. Die Gerbstoffe sind Chrom-III- Salze, die die Eiweißfasern in der Tierhaut verknüpfen und somit stabilisieren. Diese Salze reichern sich in der Umwelt an, was deutlich wird, wenn die Bodenqualitäten in den Umgebungen von Gerbereien geprüft werden, da diese meistens hoch belastet sind. Zusätzlich dringt der Stoff durch das Abwasser der Herstellung sowie durch Entsorgung von Lederprodukten in die Umwelt. In Wasser vorkommendes Chrom ist besonders für Fische und andere Mikroorganismen bedrohlich und lebensgefährlich.
Zusätzlich ist Chrom sehr schwer recycelbar, wird in großen Lederindustrieländern wie China, Indien, Bangladesch oder Brasilien jedoch nach Gebrauch mit anderen Abfällen der Gerberei wie Salzen, Proteinen, Sulfiden oder auch Säuren einfach in der Natur entsorgt. Dieses zerstört langfristig Lebensräume für Mensch und Tier.
KRANKHEITEN DURCH LEDER
Für den Menschen kann Chrom sowohl in der Luft, als auch im Wasser giftig sein. Viele Arbeiter in Gerbereien erleiden an Atemwegserkrankungen wie Asthma, Bronchitis oder auch an Lungenkrebs. In Billiglohnländern wird oft ohne jegliche Sicherheitskleidung gearbeitet und in den stark chemischen Gerblaugen mit bloßer Haut gestanden. In der Nähe der Gerbereien beziehen viele Menschen ihr Trinkwasser oftmals aus verseuchten Flüssen und Grundwasserquellen.
Die Chromvariante VI ist überaus giftig für den Menschen und darf deshalb auch nicht im Gerbungsprozess eingesetzt werden. Dennoch werden bei Tests immer wieder Rückstände in Schuhen, Accessoires und Kleidung gefunden, da sich Chrom VI aus Chrom III bilden kann oder in Gerbsalzen vorhanden ist. Diese können allergische Reaktionen hervorrufen und krebserregend sein.
Es gibt auch natürliche Gerbstoffe, jedoch dauert das Verfahren mit diesen Gerbstoffen, meist Baumrinden, sehr lange, von mehreren Monaten bis hin zu einem Jahr. Durch rotierende Fässer lässt sich der Gerbungsprozess auf einige Wochen beschleunigen. Das Endergebnis der natürlich gegerbten Ledervarianten ist allerdings schwerer, dichter und vor allem steifer als das der chemischen Gerbung.
TIERLEID BEI DER LEDERHERSTELLUNG
Abgesehen von dem umweltbelastenden Herstellungsprozess wird Leder bezüglich des Tierschutzes immer wieder infrage gestellt und diskutiert.
Allgemein lässt sich Leder als ein sehr kritisches Material einordnen. Angefangen mit der Problematik der Tierhaltung, bei der immer wieder von Tierquälerei und Tierleiden die Sprache ist. Hier muss vor allem beachtet werden, um welches Leder es sich handelt und woher das Leder stammt. Das beispielsweise Rinder nur sterben, um ihre Haut weiter zu verarbeiten ist ein Mythos, da das Fleisch der Tiere um einiges lukrativer und teurer ist. Ebenso gilt dies für Schweine, Schafe und Ziegen. Unter den Aspekten der Nachhaltigkeit und des Tierschutzes gerechtfertigt dies jedoch in keiner Weise eine schlechte Haltung oder Tierquälerei. Tierschützer sind davon überzeugt, dass die Lederindustrie die Massentierhaltung gewinnbringend unterstützt und somit begünstigt.
Bei exotischen Tieren und deren teurerem Leder, wie zum Beispiel bei Krokodilen oder Schlangen sehen die Hintergründe jedoch anders aus. Diese Tiere werden in Zuchtbetrieben, sogenannte „Lederfarmen“, nur für die Lederindustrie gezüchtet und getötet.
HAUSTIERE IN DER LEDERPRODUKTION
Es galt immer wieder als Gerücht, doch PETA deckte 2014 auf, dass in Asien auch Straßenhunde und -katzen geschlachtet und die Häute zu Pelz und Leder für die Textilindustrie verarbeitet werden. Spitzenreiter in der Hundelederproduktion der Länder ohne greifendes Tierschutzgesetz ist China.
“Wie soll man sich bei so vielen Großhändlern, die billiges Leder aus China importieren, sicher sein, dass die Lederhandschuhe, die Geldbörse oder ein Lederbesatz nicht aus Hundehäuten ist? Ich bitte Sie, an die verängstigten, gestohlenen Hunde zu denken, die geschlagen und gehäutet werden – und jedes Echtleder von ihrer Einkaufsliste zu streichen.”
Ingrid Newkirk, Vorsitzende / PETA
Der Grund für das Verwenden von Hundeleder ist der Preis. In China ist Leder von diesen Tieren günstiger als Rindsleder. Bisher gab es in China keine Strafen gegen Tierquälerei. Wir können nur hoffen, dass das neue Gesetz in China, was Hunde nicht mehr als “Nutztiere” einstuft den Vierbeinern das grausige Schicksal ersparen wird.
Es gibt in der EU zwar ein Importverbot für Hunde- und Katzenfelle aber Leder ist hier nicht inkludiert. Of auch als Schmuggelware landen die Tierleder dann auch bei uns in Europa im Textilumlauf. Da es keine Kennzeichnungspflicht für Leder gibt reicht ein Echtlederzertifikat aus. Bei anderen Textilien hingegen ist es Pflicht auf dem Label zu kennzeichnen, wo sie herkommen und welche Fasern verwendet wurden.
Nicht nur aus diesen Gründen, sondern auch infolge der erhöhten Nachfrage sind Alternativen zu Leder gefragter und nötiger denn je. Die derzeit übliche Alternative stellt das Kunstleder dar. Dieses wird aus erdölbasierten Materialien hergestellt und somit aus einem nicht nachwachsenden Rohstoff gewonnen. Kunstleder kann deshalb nicht als nachhaltig oder umweltfreundlich angesehen werden. Aber der Markt bietet bereits einige nachhaltige Alternativen, hierzu zählt auch Kork als eine Alternative zu Leder.
Quellen & weiterführende Informationen:
Nickl, L. (2019). Master Thesis: Recherche zu nachhaltigen Materialien und Konzepten. Hochschule Albstadt- Sigmaringen
Brunner, Y. (2016). Nachhaltigkeit der Lederindustrie. Nachhaltigkeit im industriellen Umfeld, (S. 52-56). Konstanz/Ravensburg
Öko-Fair. http://www.oeko-fair.de/clever-konsumieren/kleiden-schmuecken/leder/herstellung6/gerben/chromgerbung
Europäisches Parlament (2007). https://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?language=DE&type=IM-PRESS&reference=20070615IPR07883
PETA (2017). https://www.peta.de/hintergrundwissen-leder
PETA (2014). https://www.peta.de/chinas-hundeleder-industrie
PETA (2020). https://www.peta.de/erfolg-china-hunde-haustiere
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